Die süßen Kirschen von Erich Bongers
Ein heute kaum mehr möglicher Jugendstreich waren wohl unsere Überfälle auf Erich Bongers Kirschbäume auf dem Husen.
Mein Freund Theo Schulte-Herveling, genannt Fips, und ich, waren für diese „Spezialaktion“ die idealen Partner.
An so manchen Sonntagmorgen, an dem wir angeblich artig der heiliigen Messe lauschten, streiften wir uns im Reeser Bootshaus heimlich die Badehosen über und schwammen vergnügt über den Rhein an die Gönnekant. Bei Normalwasser landeten wir an der Fähranlegestelle. Bei höherem Wasser auch ein, zwei Kribben weiter Stromabwärts. Damals, in den 50er Jahren, war oberhalb von Rees, auf der gegenüberliegenden Rheinseite, noch ein großes Baggerloch. Dieses durchschwammen wir ebenfalls, um dann durch die Heugraswiesen von Bauer Pitt Bossmann zum paradiesischen Garten von Erich Bongers mit den vielen Erdbeeren und Kirschbäumen zu gelangen.
Zwar war es wahrscheinlich, dass Erich Bongers und Familie zu dieser Zeit in der Kirche waren, aber so ganz sicher waren wir uns dessen doch nicht.
Kleiner Störfaktor bei unseren Überfällen auf Erich Bongerts süße Früchte war das ständige knallen von Schussapparaten in den Kirschbäumen, die Erich zwar nicht für uns, sondern mehr für die Spöhn bzw. Stare und Amseln installiert hatte.
Nach der halben Plünderung des Gartens zogen wir dann meistens mit vollen Bäuchen, wie Max und Moritz nach dem Hühnerschmaus, bei Witwe Bolte, durch das hohe Heugras wieder heimwärts Richtung Reeser Kirchtürme.
Bei einem unserer Rückzüge kam uns doch tatsächlich einmal Bauer Pitt Bossmann in die Quere und war sehr böse mit uns und drohte uns mit seinem Jagdgewehr niederzuschießen, falls wir noch einmal seine Heuwiese durchqueren sollten.
Diese Drohung hat uns nicht ganz unbeeindruckt gelassen, so dass Fips beim nächsten Raubzug auf die glorreiche Idee kam, uns im Schutze einer Kieslore aus dem Baggergelände, welche wir über die Schienenverbindung bergan zum Gehöft Bossmann vor uns herschoben, dem Garten Eden zu nähern. Unsere Sorge war aber unbegründet, denn Schütze Bossmann ließ sich diesmal nicht blicken und hatte anscheinend verschlafen. Bei der abschüssigen Rückfahrt mit der Lore Richtung Baggerloch haben wir dann allerdings so viel Fahrt entwickelt, dass wir die Lore vor dem Baggerloch gar nicht mehr stoppen konnten und abspringen mussten, um nicht mit der Lore auf Tauchstation zu gehen. Leider ist die Lore dann über den Steilhang ins Baggerloch gekippt und gar nicht mehr aufgetaucht.
Das war schon etwas peinlich, aber leider nicht mehr zu ändern.
Nach Jahren haben wir mal zufällig erfahren, dass es damals für die Baggerleute ein ziemlich aufwändiges Unterfangen gewesen sein muss, unseren einstmals schusssicheren Panzerwagen aus dem Baggerloch wieder herauszuhieven.
Jahre später, als einmal Schützenfestmusik von Niedermörmter nach Rees herüberschallte, sind wir spontan bei Anbruch der Dunkelheit mit einigen Kameraden, darunter auch „Kanone Jan-Flotho Schepers“, zur Gönnekant herübergerudert und haben dort im Schützenzelt unverhofft unseren lieben Erich Bongers getroffen. Im Laufe der immer besser werdenden Stimmung haben wir ihm dann von unseren gelegentlichen Kostproben in unserem Garten erzählt. Schließlich hatten sich ja schon unsere Großeltern gekannt und Erich hat uns aufgrund unserer guten Meinung von seinen guten Früchten dann auch noch reichlich Sekt spendiert, so dass wir einen ausgelassenen Abend dort verbringen konnten.
Erich’s Sohn, dem ich gelegentlich in Rees begegne, und dem ich im Laufe der Zeit auch nicht verschweigen konnte, wie viel Freude wir damals in seinem elterlichen Garten gehabt haben, hat inzwischen auch ein Schmunzeln für unsere damaligen Streifzüge.